Überall wirbt Weight Watchers für ein neues, schlankeres Ich. Wie funktioniert das Konzept wirklich? FIT FOR FUN hat das Programm ausprobiert.
Im Herbst überredet meine Freundin mich zu einem Weight Watchers Treffen. „Du bist doch immer offen für so was. Und allein will ich nicht.“ Offen? Ich? Keine Spur. Bei mir rattern die Abwehrmechanismen: Das kostet Zeit und Geld, wohin mit den Kindern, wie soll ich noch einen Termin unterbringen? Und kurz vor Weihnachten ist zum Abnehmen das völlig falsche Timing! „Irgendwas ist immer“, beharrt sie. Auch wieder wahr, seit Jahren will ich abspecken und es passiert ... nichts. Allen Promi-Testimonials zum Trotz habe ich vor dem Treffen Berührungsängste: „Wenn wir da allein zwischen lauter frustrierten dicken Frauen hocken, gehe ich sofort wieder!“
DAS ERSTE WEIGHT WATCHERS TREFFEN
Beim ersten Mal bin ich positiv überrascht: Das Klientel ist breit gemischt, von der Schülerin über die Businessfrau bis zur älteren Dame ist in Hamburg-Wellingsbüttel alles vertreten. Manche sind total schlank (was wollen die hier?), die meisten kräftig bis rund, Männer rar. Erstmal steigt jeder mit Schuhen auf die Waage, wie gut, dass ich heute leichte Ballerinas anhabe. Frau Merse, unser Coach, notiert das Gewicht unter vier Augen und beantwortet persönliche Fragen.
VON GESUNDEN FETTEN BIS KARNEVAL
Jede Woche ist ein Ernährungs- oder saisonales Thema dran (wie „Abnehmen am Arbeitsplatz“). Jetzt verstehe ich die schlanken Frauen, das sind Gold-Mitglieder, die ihr Wunschgewicht schon lange halten und kostenlos kommen. Sehr motivierend: Von ihnen gibt es bei Weight Watchers Wellingsbüttel viele – und sie haben Insidertipps. Ein bisschen komisch fühlt sich der erste Abend an, wie in einer Selbsthilfegruppe, aber wenigstens wird viel gelacht. Und so allwissend, wie ich mich als FIT-Redakteurin fühlte, bin ich nicht. Immerhin habe ich heute gelernt, dass ein ordentlicher Schuss Öl in der Pfanne vier Eßlöffeln entspricht. Zum Anbraten reicht aber schon ein Teelöffel.
DAS WEIGHT WATCHERS PRINZIP
Die Idee ist einfach. Im Grunde handelt es sich bei Weight Watchers um ein perfektioniertes Ernährungsprotokoll und das Handwerkszeug, alle Lebenslagen zu meistern. Jedem Lebensmittel wird nach seiner Zusammensetzung eine Anzahl sogenannter ProPoints zugeordnet. Besonders gesund sind die sogenannten Sattmacher, von denen möglichst viele auf den Speiseplan sollen. Anhand von Alter, Größe, Gewicht und Geschlecht wird errechnet, wie viele ProPoints ich täglich verbrauchen darf. Das Minimum sind 26. Das ist wenig: Ein Käsebrot hat schon 7, eine Salami-Pizza 25 und ein Latte Macciatto 3 Punkte. Flexibilität bietet ein Wochenextra von 49 ProPoints – einmalig für Parties, gelegentlich für ein Glas Wein (5 Punkte!) oder für täglich 7 Punkte mehr. Sport und Bewegung bringen zusätzliche Aktivpunkte zum Aufessen oder schnell abnehmen, die Vorbilder sitzen in der Gruppe. Eine hopst täglich eine Stunde auf ihrem Trampolin herum, die andere fährt jeden Morgen vor der Arbeit eine halbe Stunde auf dem Ergometer und hat seit August schon 12 Kilo verloren.
RUNDUM VERSORGT MIT WEIGHT WATCHERS
Okay, ich probiere es aus. Mich überzeugt, dass es sich bei Weight Watchers nicht um eine kurzfristige Diät, sondern um eine langfristige Ernährungsumstellung handelt, die auf den Richtlinien der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) basiert. Und dass es Freiräume gibt, schließlich kann ich alles essen, es muss nur ins Budget passen. Brav notiere ich ab jetzt jeden Schokoriegel im Tagebuch und stöbere im Weight Watchers @ssistent, wenn ich Rezepte, Anregungen oder die Points für bestimmte Lebensmittel (davon stehen über 30.000 in der Datenbank) oder ein Essen im Restaurant suche.
WEIGHT WATCHERS IM ALLTAG: ERSTE ERFOLGE ...
Ich plane kleine Schritte und schreibe mir meine Ziel auf: 12 Kilo sollen runter! Die Treffen nutze ich regelmäßig zur Motivation. Irgendwie hilft es der Disziplin, dass Frau Merse am Mittwoch an der Waage steht. Aber den Rest muss man schon wollen, sonst passiert nichts. Ich koche doppelt so viel wie früher, beim Einkauf landen Unmassen Gemüse, Obst und Quark im Wagen. Dank der neuen Weight Watchers Kochbücher kommen am Wochenende nur noch leichte, familientaugliche Gerichte auf den Teller, ins Büro nehme ich Vorgekochtes mit, statt im Coffeeshop einen belegten Bagel zu essen. Latte Macchiato wird gestrichen und durch Cappuccino (spart 2 Punke) ersetzt. Ausrutscher kompensiere ich mit Sport und notiere wöchentlich online mein Gewicht. Mit Erfolg. Eine schöne Abwärtskurve entsteht, trotz Weihnachten und Silvester sammle ich Belohnungen: Jede Abnahme von drei Kilo wird mit einem Stern, 5 Prozent einem Smiley und 10 Prozent mit einem Schlüsselring belohnt. Im Februar, nach 4 Monaten, habe ich 8 Kilo verloren – 4 weitere will ich noch, dann ist mein Ziel erreicht.
UND KLEINE ZWISCHENKRISEN
Klar habe ich zwischendurch Einbrüche. Dann futtere ich Schokolade (jedes Stück 1 Punkt), schleiche um die Erdnusssflips herum und kriege schlechte Laune, weil das Gewicht stagniert. Meistens schreibe ich dann meiner Freundin eine Jammer-SMS zum Thema Gierhunger (siehe Interview nächste Seite), notiere meine Sünden im Tagebuch und komme am nächsten Tag wieder auf Spur. Oder esse abends nur eine 0-Punkte-Gemüsesuppe, wenn ich zu viel gesnackt habe. Schlimmer wird es, als meine Freundin schwächelt, ihr Tagebuch boykottiert und sich ein paar Mal erfindungsreich vor den Treffen drückt. Sie muss auch wieder ran! Denn allein will ich immer noch nicht zu Weight Watchers...
Fazit
Vorteil: Weight Watchers ist eine fundierte, langjährig erprobte Methode, um gezielt abzunehmen. Mit on- und offline Tools wird man gründlich bei der Abnahme unterstützt und lernt alles über gesunde Ernährung, wie man sich ausreichend bewegt und das Gewicht zu halten. Je nach Typ hilft ein Treffen unter Gleichgesinnten oder eine Online-Mitgliedschaft dabei, die eigenen Ziele zu erreichen.
Nachteil: Die Treffen sind recht teuer, ein Monatspass kostet 39,95 Euro, eine Online-Mitgliedschaft 15,95 Euro. Die Treffen sind stark von der Qualität des Coaches abhängig. Die Coaches sind keine Ernährungswissenschaftler, sondern ehemalige Teilnehmer, die selbst mit Weight Watchers abgenommen haben und intern geschult werden. Leider werden regelmäßig Treffen geschlossen. Das Riesenangebot an Weight Watchers Produkten von Kochbüchern über Schrittzähler und Küchenwaagen bis zu unzähligen Fertigprodukten ist sehr kommerziell.
Alles rund um das neue Konzept von Weight Watchers, den täglichen Kampf mit der Dickmacher-Umgebung und die Tücken des fiesen hedonistischen Hungers erläutert die Expertin Ute Gerwig im Interview auf der nächsten Seite. Klicken Sie hier!